Das Forschungsnetzwerk Territorialisierungen der radikalen Rechten (Terra-R) diskutiert alltägliche Raumpraktiken der radikalen Rechten in Deutschland. Wir befragen dabei kritisch die zunehmende Unterwanderung und Aushöhlung demokratischer Prozesse durch radikal rechte Gruppierungen. Der Fokus auf Praxen der Territorialisierung verdeutlicht, dass autoritäre, ausgrenzende, rassistische, homophobe und andere diskriminierende Positionen nicht nur auf sogenannte »Ränder« beschränkt sind, sondern eine Vielfalt gesellschaftlicher Bereiche und politischer Lager durchziehen.
In Terra-R nehmen wir die räumlichen Dimensionen der oben genannten Dynamiken in den Blick. Wir untersuchen die Entwicklungen der radikalen Rechten jenseits vereinfachender Stadt-Land- und Ost-West-Zuschreibungen. Wir leisten einen Beitrag zum Aufbau einer konsistenten, humangeographischen Forschungsagenda und stärken den räumlichen Fokus in angrenzenden Disziplinen. Die Konturen einer vielversprechenden geographischen Herangehensweise werden im Netzwerk anhand des Konzepts der Territorialisierung herausgearbeitet. Mit Territorialisierung meinen wir einen Ansatz, der Territorium nicht als gegeben versteht, sondern als soziales Produkt gesellschaftlicher Handlungen. Unser Vorgehen erlaubt eine machtkritische Perspektive auf die De- und Re-Territorialisierungen radikal rechter Alltagsräume. Insofern hilft dieser Ansatz Kontinuitäten und Brüche räumlicher Praktiken der radikalen Rechten und ihrer Konfrontation mit demokratischen, antirassistischen, feministischen und antifaschistischen Gegenbewegungen aufzuzeigen.
Ziel von Terra-R ist, zwei unterschiedliche Formen von Territorialisierung analytisch zusammenzuführen: wir verstehen die radikale Rechte sowohl als Akteurin, sowie als Objekt von Territorialisierung. Somit erforschen wir Territorialisierung vonseiten der radikalen Rechten, d.h. durch alltägliche Praktiken der Aneignung, Kontrolle oder Veränderung der Bedeutungszuschreibung von Räumen. Beispiele hierfür sind der systematische Erwerb von Immobilien und die Praxis sogenannter Siedlungsbewegungen, sowie die Schaffung von »Angsträumen« und damit verbundene Verdrängung demokratischer Zivilgesellschaft in Städten und Gemeinden. Dazu gehört auch die Konstruktion einer rechten »Erinnerungskultur« und Mythenbildung. Zum anderen befassen wir uns mit Territorialisierung bezüglich der radikalen Rechten, d.h. mit Räumen ihrer Erfolge und Misserfolge, insbesondere hinsichtlich gesellschaftlicher, diskursiver, politökonomischer und affektiver Umwelten und Entstehungskontexten rechter Bewegungen. Beispiele sind Hochburgen der Wähler:innenschaft rechter Parteien, sowie ihre Demonstrationen und Kampagnen, die sich gerade in Protesten gegen Corona-Maßnahmen nochmals sehr deutlich zeigen.
Die Auseinandersetzung mit Gegenstrategien, sowie der intensive Austausch zur Situation und die Zusammenarbeit mit lokaler Zivilgesellschaft ist wesentlicher Bestandteil unserer Agenda. Wir freuen uns über jede Einladung zum Austausch, Beratung und Unterstützung.
Mit dem Netzwerk assoziiert fühlen sich
Bernd Belina, Goethe-Universität Frankfurt a. M.
Kristine Beurskens, Leibniz-Institut für Länderkunde Dresden
Johann Braun, Universität Heidelberg
Valentin Domann, Humboldt-Universität Berlin
Christoph Hedtke, Fachhochschule Erfurt
Phillip Hövel, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Jan Hutta, Universität Bayreuth
Viktoria Kamuf, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena
Natalie Koch, Universität Heidelberg
Felicitas Kübler, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Nils Ludwig, Universität Bayreuth
Judith Miggelbrink, Technische Universität Dresden
Daniel Mullis, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
Leon Reichle, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena
Simon Runkel, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Antonie Schmiz, Freie Universität Berlin
Tobias Schopper, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Anke Schwarz, Technische Universität Dresden
Monika Streule, London School of Economics and Political Science
Mathew Varco, University of Manchester
Paul Zschocke, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung